Aus der Rechtsprechung:
Kündigungsfrist für Geschäftsführerdienstverträge
BAG, Urteil vom 11.06.2020 (Az.: 2 AZR 374/19)

Ausgabe 42 | September 2020
Die Beklagte übernahm im Wege eines Betriebsübergangs eine Reha-Klinik. Die Klägerin, die in der Klinik zuvor als Verwaltungsleiterin angestellt war, wurde im Juli 2009 zur Geschäftsführerin bestellt und erhielt einen neuen Anstellungsvertrag, der ein Jahresentgelt von Euro 100.000,00 vorsah. Eine eigenständige Regelung der Frist für die ordentliche Kündigung des Vertrags war nicht enthalten, sondern es wurde lediglich auf „die gesetzliche Kündigungsfrist“ Bezug genommen.

Am 28.02.2018 beschloss die Gesellschafterversammlung, das Anstellungsverhältnis ordentlich zu kündigen und die Klägerin mit Wirkung zum 01.03.2018 abzuberufen. Das Anstellungsverhältnis wurde daraufhin mit dem auf den 27.02.2018 datierenden, der Klägerin am Folgetag übergebenen Kündigungsschreiben zum 31.05.2018 gekündigt.

Das Arbeitsgericht gab der Klage gegen die Kündigung statt, das LAG wies sie im Wesentlichen ab. Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des BAG bedurfte die Kündigung keiner sozialen Rechtfertigung, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch Geschäftsführerin war und daher eine Anwendung von § 1 Abs. 2 KSchG ausschied. Das BAG sah das Anstellungsverhältnis der Klägerin nicht als Arbeitsvertrag, sondern als freien Dienstvertrag an. Die nach dem Anstellungsvertrag einschlägige „gesetzliche Kündigungsfrist“ ergebe sich daher aus § 621 Nr. 4 BGB und nicht aus § 622 Abs. 2 BGB. Zwar habe der BGH in älteren Entscheidungen § 622 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. für anwendbar gehalten. Nach der Gesetzesreform 1993 finde jedoch nicht § 622 Abs. 2 BGB, sondern § 621 BGB auf Anstellungsverhältnisse von GmbH-Geschäftsführern Anwendung, die keine Arbeitsverhältnisse seien. Für die Kündigungsfrist sei daher maßgeblich, nach welchen Zeitabschnitten die Vergütung bemessen ist. Aufgrund des vereinbarten Jahresgehaltes finde § 621 Nr. BGB mit einer Frist von sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres Anwendung.

Damit entschied das BAG erstmals ausdrücklich, woraus sich die gesetzliche Kündigungsfrist für Dienstverträge von GmbH-Geschäftsführern ergibt. Die bislang herrschende Meinung ging davon aus, dass jedenfalls für Fremdgeschäftsführer § 622 Abs. 1, Abs. 2 BGB Anwendung findet. Diese Auffassung lehnte das BAG nun ausdrücklich ab. Es bleibt abzuwarten, ob sich der BGH dieser Auffassung anschließen wird.