Belehrung über Verfall von Urlaub bei Langzeiterkrankten LAG Hamm, Urteil vom 24.07.2019 (Az.: 5 Sa 676/19)

Ausgabe 39 | September 2019
Die Klägerin, die seit 2010 bei der Beklagten arbeitete, war seit dem Jahr 2017 durchgehend erkrankt und konnte in diesem Jahr den ihr zustehenden Urlaub nicht nehmen. Im November 2018 forderte die Klägerin die Beklagte zur Abgeltung dieses Urlaubs auf, was die Beklagte zurückwies. Die Klägerin war – unter Verweis auf die neuere BAG-Rechtsprechung (Urt. v. 19.02.2019, 9 AZR 541/15) – der Ansicht, der restliche Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2017 sei schon deshalb nicht verfallen, da die Beklagte es unterlassen habe, sie rechtzeitig auf den drohenden Verfall hinzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg. Das LAG urteilte, dass die Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Kalenderjahr 2017 erloschen waren. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, auf den möglichen Verfall hinzuweisen. Eine solche Pflicht bestehe bei Langzeiterkrankten erst nach der Wiedergenesung, da ein Verfall von Urlaubsansprüchen zum 31.12. des Kalenderjahres unabhängig von einer Belehrung jedenfalls nicht durch Unkenntnis der Arbeitnehmerin von einem drohenden Verfall und einer notwendigen Beantragung erlöschen konnte. Die Beklagte konnte die im Fall des Bestehens von Urlaubsansprüchen bei einer arbeitsfähigen Arbeitnehmerin verlangte Belehrung dahingehend, dass bestehende Urlaubsansprüche erlöschen, wenn diese nicht bis zum 31.12. des Kalenderjahres beansprucht werden, nicht erteilen, da diese im Fall einer langzeiterkrankten Arbeitnehmerin schlicht falsch gewesen wäre. Denn Urlaubsansprüche im Fall der Arbeitsunfähigkeit erlöschen erst nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Ablauf des Kalenderjahres, aus dem sie resultieren. Die Frage eines früheren Erlöschens hätte sich erst wieder nach Genesung der Klägerin gestellt und sodann eine Belehrung der Beklagten erfordert. Hinzuweisen ist darauf, dass abstrakte bzw. vorsorgliche Angaben, etwa im Arbeitsvertrag, in einem Merkblatt oder in einer Kollektivvereinbarung in der Regel nicht genügen, um den Anforderungen einer konkreten und transparenten Unterrichtung zum Verfall von Urlaubsansprüchen gerecht zu werden (BAG, Urteil vom 19.02.2019, 9 AZR 423/16, Rz. 41, 42). Die Belehrung durch den Arbeitgeber muss sich vielmehr auf den konkreten Fall beziehen.