Ermittlungskosten bei Pflichtverletzungen
eines Arbeitnehmers
BAG, Urteil vom 29.04.2021
(Az.: 8 AZR 276/20)

Ausgabe 45 | Juni 2021
Nach mehreren anonymen Verdachtsmeldungen wegen eventueller Compliance-Verstöße des als Leiter des Zentralbereichs Einkauf beschäftigten Klägers veranlasste die Arbeitgeberin eine Untersuchung unter Einschaltung einer hierauf spezialisierten Anwaltskanzlei. Für ihre Tätigkeit stellte die Anwaltskanzlei der Arbeitgeberin 209.679,68 Euro in Rechnung. Auf Grundlage dieses Untersuchungsberichts kündigte die Arbeitgeberin dem Kläger wegen des Verstoßes gegen das Schmiergeldverbot, Abrechnung privater Auslagen auf Kosten der Arbeitgeberin und mehrfachen Spesenbetrugs fristlos, hilfsweise ordentlich. Die gegen die Kündigung erhobene Klage wurde abgewiesen. Im Kündigungsschutzverfahren erhob die Arbeitgeberin Widerklage und verlangte Ersatz der ihr von der Anwaltskanzlei berechneten Ermittlungskosten.

Das Arbeitsgericht wies die Widerklage ab, das LAG Baden-Württemberg sprach der Arbeitgeberin einen Ersatzanspruch in Höhe von 66.500 Euro zu. Die hiergegen eingelegte Revision des Klägers hatte Erfolg.

Das BAG stellte klar, dass ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten grundsätzlich ersetzt verlangen kann, wenn die Beauftragung mit den Ermittlungen anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers erfolgt ist und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird.

Die Grenze der Ersatzpflicht richte sich nach dem, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung oder zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich getan haben würde.

Im vorliegenden Fall scheiterte der Erstattungsanspruch jedoch daran, dass die Arbeitgeberin nicht substantiiert dargelegt hatte, welche konkreten Tätigkeiten bzw. Ermittlungen wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts unternommen worden waren.