Inkrafttreten einer Betriebsvereinbarung in Abhängigkeit von Belegschaftsquorum
BAG, Beschluss vom 28.07.2020
(Az.: 1 ABR 4/19)

Ausgabe 42 | September 2020
Die Betriebsparteien schlossen eine Betriebsvereinbarung zu variablen Vergütungsbestandteilen der im Lager beschäftigten Mitarbeiter. Diese sollte unter der Bedingung in Kraft treten, dass 80 % der abgegebenen Stimmen der in den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallenden Arbeitnehmer bis zum Ablauf einer von der Arbeitgeberin gesetzten Frist „einzelvertraglich“ schriftlich zustimmen. Für den Fall des Unterschreitens des Zustimmungsquorums sollte die Arbeitgeberin dies dennoch für ausreichend erklären können.

Der Betriebsrat machte die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung geltend. Arbeitsgericht und LAG haben das Begehren abgewiesen. Die Rechtsbeschwerde vor dem BAG war erfolgreich.

Das BAG entschied, dass die normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung nicht von einem Zustimmungsquorum abhängig gemacht werden könne. Eine solche Regelung widerspreche den Strukturprinzipien der Betriebsverfassung, wonach der gewählte Betriebsrat Repräsentant der Belegschaft sei und als Organ der Betriebsverfassung im eigenen Namen kraft Amtes tätig werde und dabei weder an Weisungen der Arbeitnehmer gebunden sei noch sein Handeln deren Zustimmung bedürfe. Eine von ihm abgeschlossene Betriebsvereinbarung gelte kraft Gesetzes unmittelbar und zwingend. Sie gestaltet unabhängig vom Willen und der Kenntnis der Parteien eines Arbeitsvertrags das Arbeitsverhältnis und erfasse auch später eintretende Arbeitnehmer. Daher könne die Geltung einer Betriebsverfassung nicht an das Erreichen eines Zustimmungsquorums verbunden mit dem Abschluss einzelvertraglicher Vereinbarungen geknüpft werden.