Keine Zustimmung zur Lohnkürzung durch Schweigen LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 02.04.2019 (Az.: 5 Sa 221/18)

Ausgabe 38 | Juni 2019
Der Kläger war bei der Beklagten als Kfz-Mechaniker beschäftigt. Es war vereinbart, dass die regional geltenden Tarifverträge des Kraftfahrzeug-Handwerks, -Handels und -Gewerbes in ihrer jeweils letzten Fassung gelten. Anlässlich eines Betriebsübergangs 2013 wurde vereinbart, dass der Besitzstand des Klägers durch den Betriebsübergang nicht berührt wird und die Zahlung von Urlaubsgeld gemäß dem Besitzstand erfolgt. Nach fristloser Kündigung durch die Beklage schlossen die Parten einen arbeitsgerichtlichen Vergleich, in welchem sich die Beklagte verpflichtete, den Kläger unter Fortzahlung der Bezüge unwiderruflich freizustellen und das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen. Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis für die Monate März bis September 2017 ab, allerdings nicht auf der Grundlage des zuletzt gezahlten, sondern eines geringeren Stundenlohns. Sie begründete dies damit, dass der Kläger nicht mehr als Servicetechniker tätig gewesen und ihm im Beisein des Serviceleiters mitgeteilt worden sei, dass der zukünftige Stundenlohn nur noch Euro 12,89 betrage, wogegen der Kläger keine Einwände erhoben habe. Urlaubsgeld zahlte sie unter Hinweis darauf, dass kein Urlaub genommen worden sei, nicht. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Die dagegen gerichtete Berufung blieb erfolglos. Nach der Entscheidung des LAG hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung eines Stundenlohns von Euro 13,71 brutto. In dieser Höhe hatten die Parteien zuletzt den Stundenlohn vereinbart. Spätere, hiervon abweichende Vereinbarungen lagen nicht vor. Nach Ansicht des LAG war insbesondere keine Änderungsvereinbarung über die Lohnhöhe zustande gekommen. Zwar könne eine Äußerung oder ein schlüssiges Verhalten grundsätzlich als Willenserklärung zu verstehen sein. Schweigen stelle dagegen grundsätzlich keine Willenserklärung dar. Jedenfalls sei bei einem Arbeitsverhältnis im Falle nachteiliger Änderungen im Bereich der Hauptleistungspflichten regelmäßig nicht von einer stillschweigenden Annahmeerklärung auszugehen, solange die Folgen der Änderungen noch nicht hervorgetreten sind. An einem Verhalten des Klägers, aus dem sich ein Einverständnis mit einer Lohnkürzung herleiten ließ, fehlte es. Das LAG sprach dem Kläger auch das geltend gemachte Urlaubsgeld zu. Dies deshalb, da sich weder aus dem Wortlaut des Arbeitsvertrags noch dem Sinn und Zweck des Urlaubsgeldes nach eine Einschränkung dahingehend entnehmen ließ, dass die Zahlung des Urlaubsgeldes davon abhängen sollte, dass der Kläger tatsächlich Urlaub genommen hat.