BAG AKTUELL:
Zustimmung des Integrationsamtes
zur Kündigung ersetzt kein bEM
BAG, Urteil vom 15.12.2022 (Az.: 2 AZR 162/22)

Ausgabe 53 | Juni 2023
Eine über mehrere Jahre arbeitsunfähig erkrankte und einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Arbeitnehmerin nahm die Einladung zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (bEM) an, unterließ es jedoch, die von der Arbeitgeberin vorformulierte Datenschutzerklärung über die Verarbeitung ihrer personenbezogen sowie Gesundheitsdaten zu unterzeichnen. Dies trotz mehrmaliger Aufforderung und Hinweis darauf, dass die Durchführung des bEM ohne die Unterzeichnung der Datenschutzerklärung nicht möglich sei. Daraufhin entschied sich die Arbeitgeberin zur Kündigung und beantragte die Zustimmung des Integrationsamtes zu dieser. Nach Erteilung der Zustimmung kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt.

Das BAG hielt die Kündigung für unwirksam. Denn die Arbeitgeberin habe die Durchführung des bEM nicht von der Unterzeichnung der Datenschutzerklärung abhängig machen dürfen. Es sei der Arbeitgeberin auch ohne unterzeichnete Erklärung möglich und zumutbar gewesen, zunächst mit dem beabsichtigten bEM zu beginnen. Datenschutzrechtliche Fragen seien erst dann von Bedeutung, wenn sich die Beteiligten im Rahmen des bEM darüber verständigt hätten, welche Angaben bezüglich des Gesundheitszustands für eine Reduzierung der Arbeitsunfähigkeitszeiten voraussichtlich erforderlich sind. Aufgrund des nicht durchgeführten bEM oblag der Arbeitgeberin im Prozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein bEM nicht dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszeiten der Arbeitnehmerin entgegenzuwirken oder diese zumindest zu vermindern und so das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Dieser Darlegungs- und Beweislast konnte die Arbeitgeberin nicht nachkommen. Auch der Zustimmungsbescheid des Integrationsamts begründe keine Vermutung, dass ein bEM eine Kündigung nicht hätte verhindern können.