Beginn des Kündigungsverbotes
während der Schwangerschaft
BAG, Urteil vom 24.11.2022 (Az.: 2 AZR 11/22)

Ausgabe 52 | März 2023
Die Beklagte kündigte am 07.11.2020 das mit der Klägerin seit dem 15.10.2020 bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich innerhalb der Probezeit. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage. Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens teilte sie mit, in der sechsten Woche schwanger zu sein. Die Beklagte erfuhr hiervon erst einen Monat nach Ausspruch der Kündigung, als ihr der anwaltliche Schriftsatz der Klägerin zugestellt wurde, welchem eine Schwangerschaftsbestätigung vom 26.11.2020 beigefügt war. Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens legte die Klägerin eine weitere Schwangerschaftsbescheinigung vor, welche den 05.08.2020 als voraussichtlichen Geburtstermin testierte.

Die Beklagte hat das Vorliegen einer Schwangerschaft bei Ausspruch der Kündigung bestritten. Jedenfalls habe die Klägerin sie zu spät über ihre Schwangerschaft informiert.

Nachdem Arbeitsgericht und LAG die Klage abgewiesen hatten, hatte die Revision der Klägerin vor dem BAG weitgehend Erfolg.

Das BAG erteilte der Auffassung der Vorinstanzen, wonach bei der Ermittlung des Beginns der Schwangerschaft und damit des Kündigungsverbots auf die durchschnittliche Schwangerschaftsdauer von 266 Tagen abzustellen sei, eine Absage und bestätigte seine bisherige Rechtsprechung. Danach wird der Beginn des Kündigungsverbots aus § 17 I 1 MuSchG bei natürlicher Empfängnis in der Weise bestimmt, dass von dem ärztlich festgestellten mutmaßlichen Tag der Entbindung 280 Tage zurückgerechnet wird. Dieser Zeitraum umfasse die mittlere Schwangerschaftsdauer. Er markiere die äußerste zeitliche Grenze, innerhalb derer bei normalem Zyklus eine Schwangerschaft vorliege könne. Damit würden auch Tage einbezogen, in denen das Vorliegen einer Schwangerschaft unwahrscheinlich sei. Insoweit gehe es nicht um die tatsächliche Bestimmung des tatsächlichen – naturwissenschaftlichen – Beginns der Schwangerschaft im konkreten Fall, sondern um eine Berechnungsmethode für die Bestimmung des Kündigungsverbots wegen Schwangerschaft, der prognostische Elemente innewohnen und die am verfassungsrechtlichen Schutzauftrag orientiert sei.

Das BAG verwies die Sache dennoch zurück an das LAG, da noch zu klären sei, ob die Arbeitnehmerin die Zwei-Wochen-Frist des § 17 I 2 MuSchG unverschuldet überschritten hat. Denn grundsätzlich muss dem Arbeitgeber eine Schwangerschaft innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt werden. Das Überschreiten dieser Frist ist jedoch unschädlich, wenn die Überschreitung auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.