Fristlose Kündigung wegen sexueller
Belästigung am Arbeitsplatz
LAG Köln, Urteil vom 19.06.2020
(Az.: 4 Sa 644/19)

Ausgabe 44 | März 2021
Der Kläger war seit 16 Jahren in der Produktion seiner Arbeitgeberin beschäftigt. Im März 2019 wandte sich eine Kollegin an die Personalleiterin mit dem Vorwurf, der Kläger habe sie sexuell belästigt, indem er erst ihr und dann sich selbst in den Schritt gefasst habe, verbunden mit der Äußerung, da tue sich etwas. Nach Anhörung des Klägers, der den Vorwurf bestritt, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Die betroffene Mitarbeiterin erstattete Strafanzeige, aufgrund derer gegen den Kläger ein Strafbefehl wegen sexueller Belästigung erging.

Das Arbeitsgericht Siegburg hat die gegen die Kündigung gerichtete Klage nach Vernehmung der betroffenen Mitarbeiterin abgewiesen, das LAG Köln bestätigte das Urteil.

Das LAG konnte keine Anhaltspunkte finden, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanz-lichen Feststellungen hätten begründen können. Insbesondere sah es auch kein widersprüchliches Verhalten darin, dass sich die Belastungszeugin erst drei Monate nach dem Vorfall an den Arbeitgeber gewandt hatte.

Angesichts der Schwere der festgestellten Pflichtverletzung sei auch keine vorhergehende Abmahnung erforderlich gewesen. Der Kläger habe nicht ernsthaft damit rechnen können, dass die Beklagte sein Verhalten tolerieren werde. Aufgrund ihrer Verpflichtung nach § 12 Abs. 3 AGG, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor sexuellen Belästigungen wirksam zu schützen, sei der Beklagten der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung unter Ein-haltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist nicht zuzumuten gewesen.