Personalgespräch während der Arbeitsunfähigkeit BAG, Urteil vom 02.11.2016 (Az.: 10 AZR 596/15)

Ausgabe 28 | Dezember 2016
Ein Krankenpfleger war mehrfach arbeitsunfähig erkrankt. Mitte Dezember 2014, während weiterhin bestehender Arbeitsunfähigkeit, lud die Arbeitgeberin ihn daraufhin zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit zu einem Personalgespräch am 6. Januar 2014 ein. Der Krankenpfleger sagte unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit ab. Es folgte eine erneute Einladung für den 11.02.2014, verbunden mit dem Hinweis, dass der Krankenpfleger, sollte er auch diesen Termin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen können, verpflichtet sei, dies mit einem speziellen Attest für diesen Termin nachzuweisen. Als der Krankenpfleger auch diesen Termin unter Hinweis auf seine Arbeitsunfähigkeit nicht wahrnahm, erteilte ihm die Beklagte eine Abmahnung. Die hiergegen erhobene Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Das BAG bejahte einen Anspruch des Krankenpflegers auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Die Arbeitspflicht eines Arbeitnehmers umfasse zwar die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angewiesenen Gespräch, welches Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung zum Inhalt hat, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht anderweitig festgelegt sind. Da ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht aber nicht nachkommen müsse, sei er grundsätzlich auch nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen. Einem Arbeitgeber ist es danach zwar nicht ausnahmslos untersagt, während der Dauer der Arbeits-unfähigkeit mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenem Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeigt. Ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer ist nach Auffassung des BAG demgegenüber nicht verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers hierzu im Betrieb zu erscheinen. Etwas anderes gelte nur ausnahmsweise, wenn dies aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer dazu gesundheitlich in der Lage ist. Im Streitfall hatte die Beklagte, die insoweit für die Unverzichtbarkeit des Erscheinens des Klägers darlegungs- und beweispflichtig ist, solche Gründe nicht aufgezeigt. Daher musste dieser der Anordnung der Beklagten, im Betrieb zu einem Personalgespräch zu erscheinen, nicht nachkommen, weshalb die Abmahnung zu Unrecht erfolgte.