Sendung betrieblicher E-Mails an Privat-Account LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.05.2017 (Az.: 7 Sa 38/17)

Ausgabe 31 | September 2017
Der Kläger war seit 2006 bei der Beklagten, einer Herstellerin von Kälteanlagen für die Industrie, im Vertrieb beschäftigt. Anfang 2016 nahm der Kläger Verhandlungen mit anderen Arbeitgebern auf, u.a. einer unmittelbaren Konkurrentin der Beklagten, die dem Kläger am 08.04.2016 ein Vertrags-angebot für ein künftiges Arbeitsverhältnis ab Juli 2016 übersandte. Ende April 2016 versandte der Kläger zahlreiche dienstliche E-Mails, die u.a. ausführliche Kundendaten, Preislisten sowie Projektunterlagen eines anderen Mitarbeiters enthielten, von seinem Arbeitsplatzcomputer aus an seine private E-Mail-Adresse. Als die Beklagte hiervon Kenntnis erlangte, kündigte sie dem Kläger fristlos sowie hilfsweise fristgemäß, da sie davon überzeugt war, dass der Kläger hiermit seine zukünftige Konkurrenztätigkeit vorbereiten wollte. Der Kläger gab an, sich die E-Mails nur nach Hause geschickt zu haben, um Kundendaten abgleichen und von zu Hause arbeiten zu können. Die gegen die Kündigung erhobene Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg, nicht jedoch vor dem LAG. Nach dem Urteil des LAG war die außerordentliche Kündigung der Beklagten wirksam. Ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann auch in der schuldhaften Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht liegen. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB ist der Arbeitnehmer verpflichtet, Rücksicht auf die Rechte und Interessen seines Arbeitgebers zu nehmen. Es ist ihm daher nicht gestattet, sich ohne entsprechende Erlaubnis betriebliche Unterlagen anzueignen. Ein Verstoß hiergegen ist im vorliegenden Fall geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, da der Kläger in schwerwiegender Weise gegen diese Pflicht verstoßen hatte, indem er zahlreiche E-Mails mit betrieblichen Unterlagen zu betriebsfremden Zwecken an seine private E-Mail-Adresse geschickt hatte. Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Daten zum Zwecke der Vorbereitung seiner Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen weitergeleitet hat, nachdem es hierfür keine dienstliche Notwendigkeit gab. Denn der Kläger hätte, wenn er tatsächlich von zu Hause hätte arbeiten wollen, den ihm zur Verfügung gestellten Laptop mit allen notwendigen Daten nutzen können. Darüber hinaus waren auch keine anderen betrieblichen Gründe ersichtlich, weswegen er sich Projektdaten eines Kollegen übersandte. Für ein Handeln zu betriebsfremden Zwecken sprachen zudem die Vielzahl und die Inhalte der E-Mails sowie die Tatsache, dass der Kläger bereits in konkreten Verhandlungen mit einem Konkurrenzunternehmen stand. Die Versendung von Unterlagen zu betriebsfremden Zwecken stellte eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die zudem vorsätzlich geschah und mit einer konkreten Gefährdung der geschäftlichen Interessen der Beklagten einherging. Nach Ansicht des LAG überwog aufgrund der Schwere der Verletzung, des Grades des Verschuldens sowie der möglichen Wiederholungsgefahr das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Der Ausspruch einer fristlosen Kündigung war daher im vorliegenden Falle gerechtfertigt.