Unwirksame Kündigungserklärung vor Massenentlassungsanzeige LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.8.2018 – 12 Sa17/18
Ausgabe 36 | Dezember 2018
Nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet war und feststand, dass der Betrieb nicht fortgeführt werden kann, schloss der Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und erstellte eine Massenentlassungsanzeige. Am Tag des Eingangs der Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit unterzeichnete der Insolvenzverwalter die Kündigungen der Arbeitsverhältnisse. Dem Kläger ging die Kündigung am folgenden Tag zu.
Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage des Klägers ab. Auf die Berufung des Klägers gab das LAG der Klage statt.
Nach Ansicht des LAG war die Kündigung gemäß § 134 BGB i.V.m. § 17 Abs. 1 KSchG unwirksam. Nach § 17 Abs. 1 KSchG darf ein Arbeitnehmer erst dann entlassen werden, wenn zuvor die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Dabei sei auf die Kündigungserklärung, und zwar die Unterzeichnung des Kündigungsschreibens, nicht aber auf den Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer abzustellen. Die Anzeige müsse die Agentur für Arbeit daher erreichen, bevor der Arbeitgeber die Kündigungsentscheidung trifft und das Kündigungsschreiben unterzeichnet. Da im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden konnte, ob das Kündigungsschreiben erst nach Eingang der Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit unterzeichnet worden ist, war die Kündigung nach Ansicht des LAG nach § 134 BGB unwirksam.