Vergütungspflicht für Umkleide- und Wegezeiten BAG, Urteil vom 26.10.2016 (Az.: 5 AZR 168/16)

Ausgabe 29 | März 2017
Der Kläger ist bei der Beklagten in der Lebensmittelproduktion beschäftigt. Aufgrund der geltenden Hygieneverordnung regelt der Arbeitsvertrag, dass der Dienst täglich mit sauberer und vollständiger Dienstkleidung anzutreten und zu erfüllen ist. Die Arbeitskleidung wird von der Beklagten gestellt und darf nicht mit nach Hause genommen werden, sondern ist im Betrieb an – und abzulegen. Hierzu muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes die Arbeitskleidung an einer Ausgabestelle abholen und sich in einem Umkleideraum umziehen. Mit seiner Klage macht der Kläger Vergütung für Umkleide- und damit im Zusammenhang stehende innerbetriebliche Wegezeiten geltend. Das Arbeitsgericht gab der Klage teilweise statt, Berufung und Revision blieben erfolglos. Das BAG urteilte, dass das Umkleiden Teil der vom Arbeitnehmer geschuldeten und ihm zu vergütenden Arbeitszeit sei, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibe, die im Betrieb an – und abgelegt werden muss. Vergütungspflichtig sei dabei die Zeit, die für das An – und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist. Erforderlich sei dabei die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötige. Dabei seien Variablen des Umkleidevorgangs, wie die Fragen, welche Privatkleidung der Arbeitnehmer je nach Jahreszeit zuvor getragen hat und welche Wartezeiten notwendigerweise entstehen, zu berücksichtigen. Stehe fest, dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitsgebers entstanden sind, könne aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, dürfe das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbunden Wegezeiten nach § 287 ZPO schätzen.