Wirksame Änderungskündigung bei Stilllegung eines Betriebsteils BAG, Urteil vom 12.08.2010 (Az.: 2 AZR 945/08)

Ausgabe 06 | Juni 2011
Mit dieser Entscheidung hat das BAG die Anforderungen an eine wirksame Änderungskündigung beiStilllegung eines Betriebsteils und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten der betroffenen Arbeitnehmer an anderen Orten weiter konkretisiert. Seine bisherige Rechtsprechung bekräftigend stellte das BAG zunächst fest, dass eine betriebsbedingte Änderungskündigung nur dann sozial gerechtfertigt sei, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, dem Arbeitnehmer lediglich solche Änderungen anzubieten, die dieser billigerweise hinnehmen muss. In Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes müsse sich die angetragene Vertragsanpassung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken. Liegen aufgrund der Stilllegung eines Betriebsteils an sich Gründe für eine Änderungskündigung vor und stehen gleichzeitig für eine weitere Beschäftigung der betroffenen Arbeitnehmer freie Arbeitsplätze an anderen Orten zur Verfügung, die vom bisherigen Arbeitsort räumlich unterschiedlich weit entfernt liegen, habe der Arbeitgeber im Rahmen einer sozialen Auswahl analog § 1 Abs. 3 KSchG zu entscheiden, wem er die Weiterbeschäftigung an dem näher gelegenen Ort anbietet, wenn die Zahl der am näher gelegenen Arbeitsort zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze geringer als die Zahl der insgesamt zu versetzenden Arbeitnehmer ist. Gleiches gelte, wenn der Arbeitgeber Arbeitnehmern vor Ausspruch einer Änderungskündigung die einvernehmliche Versetzung auf einen freien Arbeitsplatz anbietet. Denn der Arbeitgeber dürfe eine Auswahlentscheidung nach § 1 Abs. 3 KSchG nicht dadurch vermeiden, dass er zunächst die freien, günstiger gelegenen Arbeitsplätze auf freiwilliger Basis besetzt. Eine solche vorgezogene Stellenbesetzung sei vielmehr als treuwidrig anzusehen. Weiter hat das BAG mit dieser Entscheidung klargestellt, dass bei der Prüfung der sozialen Auswahl – auch im Fall der Änderungskündigung – nach § 1 Abs. 3 KSchG allein die Kriterien Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter und Schwerbehinderung maßgebend sind. Dieser abschließende Katalog darf daher nicht etwa aus sozialen Erwägungen abgeändert oder erweitert werden – z.B. im Hinblick auf eine Betreuungsleistung ohne entsprechende gesetzliche Unterhaltsverpflichtung.