Zugang einer Kündigung bei Übergabe des Kündigungsschreibens an den Ehegatten außerhalb der Wohnung BAG, Urteil vom 09.06.2011 (Az.: 6 AZR 687/09)

Ausgabe 06 | Juni 2011
Die Parteien stritten über den Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung. Die Arbeitgeberin hatte dem Ehegatten der Arbeitnehmerin an dessen Arbeitsplatz (bei einem anderen Arbeitgeber) ein Kündigungsschreiben für die Arbeitnehmerin übergeben, welches der Ehegatte der Arbeitnehmerin ersteinen Tag später – und damit im Folgemonat – weiter gab. Hierzu stellt das BAG zunächst fest, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses als Willenserklärung unter Abwesenden erst dann wirksam wird, wenn sie dem Kündigungsgegner zugegangen ist. Der Kündigende trägt also das Risiko der Übermittlung und des Zugangs der Kündigungserklärung. Diese ist erst dann zugegangen, wenn sie so in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann. Wenn ein Kündigungsschreiben einer Person übergeben wird, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung lebt und die aufgrund ihrer Reife und Fähigkeit geeignet erscheint, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten, ist diese nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote des Arbeitnehmers anzusehen. Dies sei in der Regel bei Ehegatten der Fall, so das BAG. Achtung: Die Kündigungserklärung des Arbeitgebers geht dem Arbeitnehmer allerdings nicht bereits mit der Übermittlung an den Empfangsboten zu, sondern erst dann, wenn mit der Weitergabe der Erklärung unter gewöhnlichen Umständen zu rechnen ist. Das BAG gelangt vorliegend zu dem Ergebnis, dass der Ehegatte bei der Übergabe des Kündigungsschreibens Empfangsbote war. Dem stehe nicht entgegen, dass ihm das Schreiben an seinem Arbeitsplatz außerhalb der Wohnung übergeben wurde. Entscheidend sei vielmehr, dass unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehegatten in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Arbeitnehmerin noch am selben Tag zu rechnen war. Im vorliegenden Fall scheiterte daher der Versuch, den Kündigungszugang durch zunächst unterlassene Weiterleitung des Kündigungsschreibens in den Folgemonat zu verschieben. Diese Entscheidung des BAG führt zu einer begrüßenswerten Reduzierung der Möglichkeiten, sich der Zustellung einer Kündigung, Abmahnung etc. zu entziehen bzw. diese zumindest zu verzögern.