Außerordentliche Kündigung nach Trunkenheitsfahrt
LAG Mainz, Urteil vom 06.09.2021
(Az.: 1 Sa 299/20)

Ausgabe 48 | März 2022
Der Kläger war langjährig bei der Beklagten beschäftigt und betreute für diese bundesweit Kunden. Für seine Tätigkeit stand dem Kläger ein Dienstwagen zur Verfügung, welchen er auch privat nutzen durfte. Für die Nutzung war eine Null-Promillegrenze vereinbart. Bei einer privaten Fahrt verursachte der Kläger einen schweren Unfall mit 1,8 Promille Alkohol im Blut, weshalb ihm die Fahrerlaubnis für zwölf Monate entzogen wurde.

Nach dem Unfall machte der Kläger der Beklagten das Angebot, für Kundenbesuche öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen oder einen Fahrer auf eigene Kosten für den Dienstwagen einzustellen. Die Beklagte lehnte das Angebot ab und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Hierbei vertrat sie die Ansicht, der Kläger könne seine Tätigkeit ohne Führerschein nicht ausüben. Zudem sei die Alkoholfahrt eine so schwerwiegende Pflichtverletzung, dass eine Abmahnung nicht nötig gewesen sei. Mit seiner Klage wendete sich der Kläger gegen die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen.

Wie schon zuvor das Arbeitsgericht, gab auch das LAG der Klage statt.

Der Verlust des Führerscheins könne ein Grund für eine außerordentliche Kündigung sein, sofern die arbeitsvertragliche Tätigkeit dadurch nicht mehr ausgeübt werden kann. Hieran hatte das Gericht jedoch Zweifel, da es dem Kläger weiterhin möglich sei, die Kundenbesuche durchzuführen, indem er öffentliche Verkehrsmittel nutzt. Selbst wenn dies nicht in allen Fällen möglich sei, wäre der Vorschlag des Klägers, vorübergehend einen Fahrer auf eigene Kosten einzustellen, ein probates milderes Mittel gewesen.

Auch reiche die Alkoholfahrt als Kündigungsgrund nicht aus. Diese stelle zwar eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar, auch wenn sie außerhalb der Arbeitszeit erfolgte. Aufgrund der langjährigen störungsfreien Tätigkeit des Klägers für die Beklagte und der geringen Gefahr einer Wiederholung sei eine Kündigung ohne Abmahnung jedoch unverhältnismäßig.