BAG AKTUELL:
Keine Verpflichtung zur Annahme eines Prozessarbeitsverhältnisses
BAG, Urteil vom 08.09.2021 (Az.: 5 AZR 205/21)

Ausgabe 48 | März 2022
Der Kläger hatte im Zuge eines Kündigungsschutzprozesses ein vorläufig vollstreckbares Weiterbeschäftigungsurteil erstritten. Statt den Kläger gemäß dem Urteil zu beschäftigen, bot die Beklagte ein befristetes Prozessarbeitsverhältnis an. Dies lehnte der Kläger ab. Er erklärte jedoch seine Bereitschaft, gemäß Weiterbeschäftigungsurteil für die Beklagte zu arbeiten. Dies lehnte wiederum die Beklagte ab, weshalb der Kläger keine Arbeitsleistung erbrachte. Gleichwohl verlangte er sein Gehalt wegen Annahmeverzugs der Beklagten. Die Beklagte vertrat die Ansicht, dass es der Kläger wegen der Ablehnung der Prozessbeschäftigung böswillig unterlassen habe, anderweitigen Verdienst zu erzielen, was kraft Gesetzes den Zahlungsanspruch entfallen lasse.

Das BAG gab dem Kläger Recht. Auch wenn die von der Beklagten angebotene Beschäftigung dem Kläger zumutbar gewesen sei und dieser demnach vorsätzlich eine ihm bekannte anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bei demselben Arbeitgeber, die grundsätzlich zur Anrechnung führen könne, außer Acht gelassen habe, stehe dies einem Vergütungsanspruch des Klägers nicht entgegen. Denn dieser sei nicht verpflichtet gewesen, trotz des vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungsurteils ein befristetes Prozessarbeitsverhältnis einzugehen.

Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers finde dort eine Grenze, wo der Arbeitnehmer einen vollstreckbaren Titel und damit einen den Arbeitgeber bindenden Rechtsanspruch habe. Das Beharren des Klägers darauf, dass die Beklagte ihre aus dem Titel folgende Rechtspflicht erfüllt, sei nicht treuwidrig im Sinne des § 242 BGB.