Kein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX in der Probezeit BAG, Urteil vom 21.04.2016 (Az.: 8 AZR 402/14)

Ausgabe 26 | Juni 2016
Einer mit einem Grad von 50 % schwerbehinderten Arbeitnehmerin wurde während der vereinbarten sechsmonatigen Probezeit gekündigt. Die Arbeitnehmerin erhob keine Kündigungsschutzklage, sondern machte einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend mit der Begründung, der Arbeitgeber habe sie dadurch, dass er das Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX nicht durchgeführt habe, wegen ihrer Schwerbehinderung diskriminiert. Nach § 84 Abs. 1 SGB IX sind bei Eintreten personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis, die zu dessen Gefährdung führen können, frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung, die in § 93 SGB IX genannten Vertretungen und das Integrationsamt einzuschalten, um die dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu sichern. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab und auch die Revision vor dem BAG hatte keinen Erfolg. Das BAG urteilte, dass das Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX selbst keine „angemessene Vorkehrung“ im Sinne des Art. 2 der UN-Behindertenrechtskonvention und des Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG sei. Zudem stellte das BAG klar, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG) ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. Unberührt bleibt – sofern vorhanden – die Verpflichtung zur Beteiligung von Schwerbehindertenvertretung und Betriebsrat im Vorfeld der Kündigung.