Anspruch auf angemessene Ausbildungsvergütung BAG, Urteil vom 29.04.2015 (Az: 9 AZR 108/14)
Ausgabe 23 | September 2015
Nach § 17 Abs. 1 S. 1 BBiG haben Ausbildende ihren Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu zahlen. Maßgeblich hierfür ist die Verkehrsanschauung, wobei als wichtigster Anhaltspunkt die einschlägigen Tarifverträge gelten. In der Regel ist eine Ausbildungsvergütung dann nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem Tarifvertrag vorgesehene Höhe um mehr als 20 % unterschreitet. In dem vom BAG entschiedenen Fall hatte ein gemeinnütziger Verein einem Auszubildenden nur ca. 55 % der Ausbildungsvergütung des einschlägigen Tarifvertrags gezahlt. Mit seiner Klage verlangte der Auszubildende die Zahlung weiterer Vergütung.
Seine Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Das BAG urteilte, dass die Ausbildungsvergütung unangemessen sei. Auch der Status der Gemeinnützigkeit eines Vereins rechtfertige es nicht, bei der Prüfung der Angemessenheit von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen. Zwar sei eine durch Spenden Dritter finanzierte Ausbildungsvergütung, die mehr als 20 % unter den tariflichen Sätzen liegt, nicht zwingend unangemessen. Es müssten aber besondere Umstände dargelegt werden, die die niedrigere Ausbildungsvergütung rechtfertigen könnten, was der beklagte Verein nicht getan habe.