Anhörung des Betriebsrats bei
Kündigungen während der Wartezeit
LAG Hamm, Urteil vom 08.09.2023
(Az.: 13 Sa 20/23)

Ausgabe 55 | Januar 2024
Der Kläger war bei der Beklagten als Verkäufer beschäftigt. Noch vor Ablauf der sechsmonatigen Warte- zeit des § 1 Abs 1 KSchG kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis. In ihrem Anhörungsschreiben an den Betriebsrat begründete die Beklagte die Kündigung wie folgt: „Auf das Arbeitsverhältnis findet das KSchG noch keine Anwendung. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist nicht in unserem Inter- esse.“ Der Kläger war der Ansicht, die Kündigung sei wegen nicht wirksamer Anhörung des Betriebsrats unwirksam.

Arbeitsgericht und LAG wiesen die gegen die Kündigung gerichtete Klage ab.

Der Betriebsrat sei von der Beklagten ausreichend über die Gründe der beabsichtigten Kündigung i.S.d. § 102 I 2 BetrVG unterrichtet worden. Zwar sei der Betriebsrat bei einer Kündigung während der Warte- zeit grundsätzlich zu unterrichten, die Substantiierungspflicht des Arbeitgebers sei in diesem Fall jedoch nicht an den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, sondern allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleite. Daher genüge es, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe mitteilt, welche nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Hierbei hat der Arbeitgeber den Kündigungsentschluss unter Angabe von Tatsachen so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nach- forschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe nachprüfen könne. Diese Anforderungen habe die streitgegenständliche Anhörung des Betriebsrats erfüllt.