Keine Quotierung erworbener Urlaubsansprüche bei Wechsel von Voll- in Teilzeitbeschäftigung EuGH, Beschluss vom 13.06.2013 (Az.: C-415/12)

Ausgabe 15 | September 2013
In dem vom EuGH entschiedenen Fall war eine Arbeitnehmerin einvernehmlich von einer Voll- in eine Teilzeitbeschäftigung gewechselt. Wegen Mutterschutz und Elternzeit hatte sie in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt 29 Urlaubstage nicht nehmen können. Nach Reduzierung ihrer Arbeitszeit arbeitete die Arbeitnehmerin nur noch an drei Arbeitstagen pro Woche. Die Arbeitgeberin passte deshalb die in der Phase der Vollzeitbeschäftigung erworbenen, jedoch zunächst nicht genommenen Urlaubsansprüche entsprechend dem Verhältnis der neuen zur alten Anzahl der Arbeitstage auf 17 Tage an (29:5×3=17,4 Tage). Gegen diese Quotierung wandte sich die Arbeitnehmerin mit ihrer Klage. Bislang war es vom Bundesarbeitsgericht anerkannte Praxis, bei einer Verringerung der Anzahl der Wochenarbeitstage den Resturlaubsanspruch im Verhältnis der bisherigen zur neuen Anzahl der Arbeits-tage zu kürzen (BAG Urt. v. 28. 4. 1998 – 9 AZR 314/97, NZA 1999, 156). Diese Praxis hat der Europäische Gerichtshof mit seiner aktuellen Entscheidung für mit dem Unions-recht unvereinbar erklärt. Der von einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer bereits erworbene Urlaubsanspruch dürfe nachträglich wegen des Übergangs in eine Teilzeitbeschäftigung nicht mehr gekürzt werden, wenn der Urlaub während der Phase der Vollzeitbeschäftigung nicht genommen werden konnte. Der Argumentation, dass ein Arbeitnehmer infolge einer Reduzierung der Anzahl seiner Arbeits-tage auf drei pro Woche auch im Fall einer anteiligen Kürzung des erworbenen Jahresurlaubs die gleiche Anzahl an Urlaubswochen behalte, hat der EuGH widersprochen, da der Arbeitnehmer bei der Erteilung von drei vollen Arbeitstagen pro Woche Urlaub nicht das Äquivalent von fünf Urlaubstagen erhalte, das ihm für diese Woche zugestanden habe. Die vorstehende Rechtsprechung des EuGH wirkt sich nicht nur auf die Anzahl der zu gewährenden Urlaubstage aus, sondern darüber hinaus sind das Urlaubsentgelt sowie die Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach der Höhe des früheren Vollzeitanspruchs zu berechnen. Die Brisanz der Änderung der Rechtsprechung zur Anzahl der Urlaubstage bei einem Wechsel von Voll- in Teilzeit ist augenscheinlich: Im Falle eines Resturlaubs von beispielsweise 20 Tagen und eines Wechsels von einer 5-Tage-Woche in eine 2-Tage-Woche stehen dem Arbeitnehmer allein zur Erfüllung des Resturlaubsanspruchs 10 Wochen Urlaub zu. Dass dies dem Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers entspricht, darf zumindest bezweifelt werden. Die Konsequenz der geänderten Rechtsprechung kann daher aus Arbeitgebersicht nur sein, restlichen Urlaub nach Möglichkeit bereits vor dem Zeitpunkt der Arbeitszeitverkürzung zu erteilen.