Kündigung wegen diskriminierender Beleidigung
LAG Hamburg, Urteil vom 17.11.2022
(Az.: 1 Sa 40/22)

Ausgabe 53 | Juni 2023
Der 56-jährige schwerbehinderte Kläger war seit 23 Jahren ohne Zwischenfälle bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt am Empfang. Kurz vor Schichtwechsel meldete sich ein ausländischer Kollege, der die ebenfalls ausländische Kollegin des Klägers an diesem Tag ablösen sollte, dass er sich um ein paar Minuten verspäte. Daraufhin äußerte der Kläger laut: „Ich hasse die scheiß Ausländer“. Als der Mitarbeiter dann ca. 10 bis 15 Minuten später am Empfang erschien, begrüßte der Kläger diesen mit den Worten: „Du bist zu spät, Arschloch“. Die Äußerungen des Klägers wurden hierbei neben seinen Arbeitskollegen auch von einem externen Kurierfahrer wahrgenommen. Nachdem die Beklagte von den Äußerungen des Klägers Kenntnis erlangt hatte, hörte sie diesen zu den Vorfällen an. In der Anhörung bestritt der Kläger die Vorwürfe, woraufhin die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos kündigte. Sowohl ArbG als auch LAG wiesen die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage ab.

Das LAG führte aus, dass im Rahmen der Interessenabwägung hohe Maßstäbe an die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung anzulegen seien. Insbesondere die lange abmahnungsfreie Betriebszugehörigkeit sowie die durch Alter und Schwerbehinderung bedingten schlechten Chancen des Klägers auf dem Arbeitsmarkt seien zu seinen Gunsten zu beachten. Trotzdem sei der Beklagten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, nicht zumutbar gewesen, denn dafür wögen die diskriminierenden Äußerungen des Klägers zu schwer.

Dass der Kläger sich nie für sein Verhalten entschuldigt habe, sondern dieses bis zuletzt bestritt, erhöhe zudem die Wiederholungsgefahr und daher auch die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung. Auch die Örtlichkeit der Äußerungen in einem öffentlichen Bereich wirkten sich zu Ungunsten des Klägers aus, da die Äußerungen von Dritten wahrgenommen werden konnten. Zudem schloss das Gericht eine Affekthandlung des Klägers aus, da zwischen den beiden Äußerungen mindestens zehn Minuten gelegen hätten.