Sachgrundlose Befristung nach Vorbeschäftigung LAG Niedersachsen, Urteil vom 20.07.2017 (Az.: 6 Sa 1125/16)

Ausgabe 32 | Dezember 2017
Die Klägerin war bei der Beklagten, einer Einzelhandelskette, zunächst befristet bis Ende 2008 beschäftigt, bevor die Parteien für die Zeit vom 02.05.2014 bis 31.01.2015 einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag schlossen, der in der Folgezeit dreimal, zuletzt bis zum 30.04.2016 verlängert wurde. Mit ihrer Klage macht die Klägerin den unbefristeten Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses über den 30.04.2016 hinaus geltend mit der Begründung, ihre Vorbeschäftigung im Jahre 2008 habe einer sachgrundlosen Befristung entgegengestanden. Nachdem das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hatte, hatte die Berufung der Klägerin Erfolg. Das LAG stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede geendet hat und begründete seine Entscheidung damit, dass das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 TzBfG entgegen der Auffassung des BAG (Urt. vom 06.04.2011) dahingehend auszulegen sei, dass jede Vorbeschäftigung – auch eine solche, die länger als drei Jahre zurückliegt – einer erneuten sachgrundlosen Befristung entgegensteht. Hierfür spreche zum einen der Wortlaut des § 14 Abs. 2 TzBfG und zum anderen auch der Wille des Gesetzgebers, der eine sachgrundlose Befristung nur bei „Neueinstellungen“, d.h. „erstmaliger Beschäftigung“ ermöglichen wollte. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitgebers auf den Fortbestand der Rechtsprechung des BAG aus dem Jahre 2011 verneinte das LAG, da das Urteil des BAG von Beginn an erheblicher Kritik in Rechtsprechung und Literatur ausgesetzt war. Jedenfalls bei Abschluss des letzten befristeten Vertrages im Januar 2016 habe die Beklagte nicht mehr vom unveränderten Fortbestand der Rechtsprechung ausgehen können, da zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Landesarbeitsgerichte entgegen der Rechtsprechung des BAG entschieden hatten und der Streitgegenstand auch dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorliegt. Es bleibt abzuwarten, ob das BAG in Anbetracht der massiven Kritik seine Rechtsprechung im Zuge diverser anhängiger Revisionsverfahren ändern wird. Weitere sachgrundlose Befristungen wären daher im Falle einer Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers mit einem Risiko verbunden.