Der Arbeitsrechtsreport

Der Arbeitsrechtsreport gibt Ihnen Informationen, die für die Unternehmens- und Personalleitung von
besonderer Bedeutung sind. Hierzu wird insbesondere auf aktuelle veröffentlichte und nicht veröffentlichte
Gerichtsentscheidungen eingegangen und über Gesetzesänderungen berichtet.

Das BAG hat seine vielbeachtete Entscheidung zur Arbeitszeiterfassung (siehe ARBEITSRECHTSREPORT Nr. 50) nunmehr begründet. Danach sind Arbeitgeber nach unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet, ein System zur Erfassung der von ihren Arbeitnehmern geleisteten täglichen Arbeitszeit einzuführen, das „objektiv und verlässlich“ Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeit einschließlich Überstunden umfasst. Es bestehe eine objektive Handlungspflicht, d.h. die Verpflichtung besteht bereits aktuell und bezieht sich auf alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Offen bleibt nach der Entscheidung des BAG, ob die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auch bezüglich der leitenden Angestellten gilt, was nach derzeit wohl überwiegender Auffassung allerdings verneint wird. Die Pflicht zur Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung beschränkt sich nach Auffassung des BAG nicht darauf, den Arbeitnehmern ein solches System zur freigestellten Nutzung zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitgeber müsse hiervon auch Gebrauch machen, es also verwenden. Zudem müsse die Arbeitszeit nicht nur erhoben, sondern auch aufgezeichnet werden. Wie die Arbeitszeit zu erfassen ist, definiert das BAG hingegen nicht. Es hat in seiner Entscheidung stattdessen ausdrücklich klargestellt, dass – solange vom Gesetzgeber keine konkretisierenden Regelungen getroffen wurden – ein gewisser Gestaltungsspielraum bestehe. Die Zeiterfassung müsse nicht ausnahmslos und zwingend elektronisch erfolgen, sondern könne beispielsweise – je nach Tätigkeit und Unternehmen – auch in Papierform erfolgen. Zudem sei nicht ausgeschlossen, die Aufzeichnung der betreffenden Zeiten an die Arbeitnehmer zu delegieren. Im Falle einer Verletzung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung drohen bis auf weiteres unmittelbar keine Geldbußen, da Verstöße gegen § 3 ArbSchG keine Ordnungswidrigkeit nach § 25 ArbSchG begründen. Mittelbar kommt eine Bußgeldfestsetzung jedoch in dem Falle in Betracht, dass die Arbeitsschutzbehörde Auflagen zur Arbeitszeiterfassung (§ 22 Abs. 3 ArbSchG) erteilt, die sodann nicht erfüllt werden. Vertrauensarbeitszeitmodelle dürften weiterhin möglich sein, allerdings nur, soweit hierunter selbstbestimmtes Arbeiten mit eigener, freier Zeiteinteilung verstanden wird und der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit selbst aufzeichnet. Das Arbeitsministerium hat bereits angekündigt, im kommenden Jahr eine gesetzliche Regelung zur Zeiterfassung auf den Weg zu bringen. Welche Anforderungen diese dann an Zeiterfassungssysteme stellen wird, bleibt abzuwarten.